Stellungnahme zum geplanten IKB-Kraftwerk Telfs

Am Tiroler Inn wird bei Telfs von den Innsbrucker Kommunalbetrieben ein Laufkraftwerk projektiert, das in einen ökologisch sensiblen Gewässerabschnitt eingreift und das Sonderschutzgebiet "Mieminger und Rietzer Innauen" negativ beeinflussen kann. Da das Kraftwerksprojekt mit einer Leistung von 14 MW knapp unter der Grenze einer verpflichtenden Umweltverträglichkeitsprüfung geplant ist, sind die naturschutzaktiven NGO's von der Parteienstellung in den behördlichen Genehmigungsverfahren ausgeschlossen.

Daher nimmt die Plattform Tiroler Inn in der Öffentlichkeit zu diesem Kraftwerksprojekt Stellung:

Argumente gegen das IKB-Innkraftwerk Telfs

Zerstörung eines einzigartigen und lebendigen Innabschnitts

(1) Beeinträchtigung des Sonderschutzgebiets „Rietzer und Mieminger Innauen“
Die „Rietzer und Mieminger Innauen“ gehören zu den wenigen 3-5% intakten Auenresten am gesamten Tiroler Inn. Es herrscht ein generelles Eingriffsverbot.
(2) Zerstörung einer dynamischen Fließstrecke mit typischen Elementen eines alpinen Fließgewässers
Umlagerungsprozesse können durch die Stauhaltung nicht mehr stattfinden, Schotterbänke, Auwälder und Schwemmflächen gehen verloren.
(3) Halbierung der letzten freien Fließstrecke des Tiroler Inn
Die Strecke von Imst bis Kirchbichl ist die letzte nicht unterbrochene Fließstrecke des gesamten Inn.
(4) Verlust europaweit seltener und geschützter Lebensräume
Für die Erhaltung alpiner Flussräume besteht ein gemeinschaftliches europäisches Interesse (Richtlinie 92/43/EWG)
(5) Lebensraumverlust für eine vielfältige Pflanzenwelt
Derzeit kommen 179 Pflanzenarten vor. Letzte Reliktstandorte für Besonderheiten wie die Deutsche Tamariske und der Alpen-Knorpellattich würden entgültig verloren gehen.
(6) Lebensraumverlust bedeutender Vogelarten
Der Innabschnitt von Telfs bis Rietz und seine flussbegleitenden Lebensräume sind Heimat für 73 Vogelarten, wovon 36 Arten bereits im Gefährdungsstatus stehen.
(7) Lebensraumverlust für eine einzigartige Käferfauna
Der hohe ökologische Wert spiegelt sich im Vorkommen zahlreicher Spezialisten der Flußlebensräume. Im überregionalen Vergleich wird der Projektstandort nur mehr vom oberitalienischen Tagliamento übertroffen.
(8) Verlust von Laichplätzen seltener Fischarten
Stauhaltung verändert die Lebensraumbedingungen für strömungsliebende Fische.
(9) Beeinträchtigung der Biber-Ausbreitung in Tirol
Stauwerke sind unüberwindliche Barrieren und behindern die Rückkehr einer bedeutenden Säugetier-Art.


Verstoß gegen rechtliche Grundlagen

(1) Tiroler Naturschutzgesetz 2005: Sonderschutzgebiet „Rietzer und Mieminger Innauen“ darf nicht beeinflußt werden
Sonderschutzgebiete gehören zur strengsten Schutzkategorie in Tirol, Ausnahmeregelungen für Wasserkraftwerke sind nicht vorgesehen.
(2) Tiroler Naturschutzverordnung 2006: Lebensräume geschützter Arten dürfen nicht beeinträchtigt werden
Der gesetzliche Schutz der Natur gilt auch außerhalb der Schutzgebiete, eine Erhaltung der Populationen muss möglich sein.
(3) Kraftwerk widerspricht Vorgaben der Europäischen Wasserrahmen-Richtlinie
Für den betroffenen Innabschnitt gelten ein Verschlechterungs-verbot und ein Verbesserungsgebot nach europäischer Verpflichtung.
(4) Vorkommen von Lebensräumen und Arten der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinien und Vogelschutzrichtlinien der Europäischen Union
Europaweit geschützte Lebensräume und Arten müssen berücksichtigt werden.
(5) Alpenkonvention verbietet Kraftwerk an diesem Standort
Das Protokoll Naturschutz und Landschaftspflege und das Protokoll Energie schützen die Lebensräume und Arten dieses Innabschnitts.


Beeinträchtigungen für die Tiroler Bevölkerung

(15) Tirolweite Initiative „der.inn – lebendig und sicher“ wird in Frage gestellt
Das Lebensministerium und das Land Tirol deklarieren sich zu einer ökologischen Verbesserung des Inn und zum Erhalt der Innauen.
(16) Ungeklärt: Geschiebetransport und sinkender Grundwasserspiegel
Der Geschiebeausfall unterhalb des Stauwerks kann sich bis bis ins mittlere Inntal auswirken.
(17) Ungeklärt: Hochwassergefahr für Inn-Anrainer
Geschiebeansammlung im Staubereich kann Überschwemmungsgefahr steigern, Folgebelastungen durch Geschiebebaggerungen möglich.
(18) Kommunale Interessen überfahren regionale Bevölkerung
Veränderungen des Grundwasserregimes und Verlust von Lebensraum treffen die regionale Bevölkerung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen